Lift mit Sprachfehler
Wie klingt ein Auto, wenn es sich horizontal fortbewegt? Und wie ein Aufzug, der vertikal unterwegs ist? Die Landesgalerie Niederösterreich begeistert mit künstlerischen Interventionen.Lift mit Sprachfehler
Wie klingt ein Auto, wenn es sich horizontal fortbewegt? Und wie ein Aufzug, der vertikal unterwegs ist? Die Landesgalerie Niederösterreich begeistert mit künstlerischen Interventionen.
Künstlerische Interventionen unterstreichen die Einzigartigkeit der Landesgalerie Niederösterreich
Menschen dichtgedrängt im Aufzug. Peinliche Stille. Den Blick auf den Boden gerichtet. Jede Sekunde der Fahrt einfach zu lang. Wer kennt diese Situation nicht? Ein völlig konträres Erlebnis garantiert die Landesgalerie Niederösterreich. Hier zaubert die knapp 30 Sekunden lange Fahrt mit dem großen Personenaufzug ins 3. Obergeschoss den Besucher:innen ein Lächeln ins Gesicht. Heiterkeit breitet sich aus. Begeisterte fahren gleich mehrmals rauf und runter.
Tönender Lift
Woran das liegt? Der Fahrstuhl überrascht mit einer Klanginstallation von Werner Reiterer. Der Künstler wählt gerne unübliche Räume für seine Kunst. Er bricht Sichtweisen durch einen spielerischen Umgang mit Erwartungshaltungen. Für seine Klanginstallation „Die Eroberung der Vertikale“ im Aufzug der Landesgalerie setzte er sich mit der Bewegung des Menschen im Raum auseinander. Viele Jahrtausende erfolgte diese horizontal. Erst in der jüngsten Geschichte wurde das Fortkommen um die vertikale Dimension erweitert. Reiterer ironisiert diesen Aspekt mit einem Überraschungsmoment für die Besucher:innen.
Gedankenwindung
Signifikant für die Landesgalerie Niederösterreich ist nicht nur ihre einzigartige Architektur, sondern auch das Zitat des Künstlers Leo Zogmayer: WENN ICH KUNST SAGE MEINE ICH DAS GANZE ließ er in grauen Lettern auf einer Betonwand im Außenraum anbringen. Die großen Bogenfenster im Erdgeschoss des Museums eröffnen den Blick auf diesen Schriftzug. In Korrespondenz mit Inhalt und Architektur des Hauses entfaltet sich dieses formal schlicht umgesetzte Zitat zu einem interessanten Gedankenraum. Durch ihre „Verdrehung“ entfernen sich Bau und Satz vom Gewohnten. Für Zogmayer beginnt Kunst da, wo unser Sprachvermögen an ein Ende kommt. Mit seinen philosophischen Gedanken über die Rolle von Kunst stellt er zugleich auch die Frage, welche Bedeutung Kunst für jeden Menschen persönlich, für ein Museum oder die Gesellschaft haben kann.
Ankerpunkte für imaginäre Energie
Ebenso Bezug auf die Architektur des Museums nimmt die dauerhafte künstlerische Intervention von Judith Fegerl. Sie möchte scheinbare kinetische Energie sichtbar machen. Für ihre Arbeit „anchors“ im Erdgeschoss der Landesgalerie definierte Fegerl drei „Ankerpunkte“, von denen die imaginären Kräfte der architektonischen Drehung des Gebäudes ausgehen. An diesen Stellen setzte sie – als irritiertes wie überraschendes Architekturelement – geometrische Griffe aus Beton in Negativ- und Positiv-Formen ein.
Fegerls und Zogmayers Arbeiten entstand während der Bauphase des Museums im Rahmen von FUNDAMENTAL, einem Projekt der Landesgalerie Niederösterreich nach einem Konzept von Rainer Prohaska.
Poetisches Zeitstück
Zart und unaufgeregt, aber umso reizvoller ist die temporäre Installation von Frenzi Rigling im Treppenhaus der Landesgalerie. Ein 24,38 Meter langes Stoffband leitet hinauf in die Ausstellungen bis in den 3. Stock. Es besteht aus vielen unterschiedlichen, jeweils einen Meter langen und drei Zentimeter breiten Stoffstreifen. Rigling hat es aus Stoffresten von Kleidern gefertigt, die ihre Mutter in den 1970er- und 1980er-Jahren für sie genäht hat. Die Künstlerin entlockt dem Alltäglichen eine eigentümliche Poesie. Mit der Installation „24,38 (Zeitstück)“ schafft Rigling ein Erinnerungsstück, das persönliche und vertraute Momente bewahrt. Die reduzierte und präzise gesetzte Intervention durchmisst nicht nur das Stiegenhaus des Museums in seiner vertikalen Mittelachse, sondern steht auch metaphorisch für die Verbindung von oben und unten sowie von Vergangenheit und Gegenwart.